Corona-Krise und E-Learning-Erfahrungen

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Ich bin seit 2018 Bundeslehrerin im Hochschuldienst und unterrichte somit halb an einem Wiener Gymnasium und halb an der Universität. Hier bin ich vor allem für die Praxisaspekte bei der Ausbildung der Lehramtsstudierenden für Geschichte zuständig. An unserer Schule war ich eine der wenigen, die fix daran geglaubt hatte, dass es zu einer Schulschließung kommen würde. Aber dass diese dann so lange andauern und so weitreichende Folgen haben würde, damit habe ich aber auch nicht gerechnet.

Es ging in der besagten Märzwoche bei uns im Schulgebäude recht hektisch zu. Ich habe zum Glück nur eine halbe Lehrverpflichtung mit Oberstufen-Klassen und diese sind zuhause technisch halbwegs gut ausgestattet und mit Moodle vertraut. Aber die Lehrer*innen der Unterstufen-Klassen waren wirklich im Stress – vor allem dann am Freitag, als bekannt wurde, dass auch die Unterstufen ab Montag nicht mehr kommen sollen. Die Kopierer waren im Dauereinsatz und die Kinder völlig überfordert, weil sie von vielen gestressten Lehrkräften mit Arbeitsmaterialien und zusätzlichen Infos überhäuft wurden. Die wichtigste Info an alle war, dass man die Bücher (oder man fotografierte die SQR-Codes ab) und Unterlagen mit nachhause nehmen soll – das hat im Großen und Ganzen recht gut geklappt.

Nun saß ich also mehrere Wochen zuhause vor meinem kleinen alten Laptop (der neue war vor Wochen bestellt worden, aber es gab coronabedingt Lieferschwierigkeiten) und sollte von dort aus eine Deutschklasse, vier Geschichteklassen und drei Unikurse mit möglichst klar strukturierten, kreativen und motivierenden Aufgaben versorgen.

Ich muss gestehen, dass ich technisch und digital keine Koryphäe bin. Es hat mich nie sonderlich interessiert, ich habe nie viel Zeit hierfür investiert und das fiel mir nun ziemlich auf den Kopf. Mein einziges Glück war, dass sowohl bei uns in der Schule als auch an der Uni mit Moodle gearbeitet wurde. Somit fiel bei mir wenigstens das weg, was viele andere kritisierten: die Benützung von verschiedenen Plattformen. Aber auch Moodle hat bekanntermaßen so seine Tücken: Es ist teilweise langsam oder stürzt gar völlig ab.

Wirklich hilfreich war die Kommunikation mit den Kolleg*innen – sowohl an der Uni als auch an der Schule. Man konnte sich technische Hilfe holen, fachliche Inputs austauschen oder auch einfach nur gemeinsam jammern. Ich konnte beobachten, dass es auch bezüglich E-Learning sehr unterschiedliche Lehrer*innen-Typen gibt. Manche haben sich gleich voll reingesteigert und sämtliche digitale Möglichkeiten ausgeschöpft, andere sind es langsamer angegangen und setzten auf Kommunikation mit den Schüler*innen, wieder andere waren quasi völlig abgetaucht.

Dasselbe galt für die Schüler*innen: Es gab einige, die das Home-Schooling, die freie Zeiteinteilung und das selbstständige Erarbeiten in Ruhe fast genossen haben. Andere wiederum kämpften mit der Technik, der Motivation und vor allem mit dem Fehlen des sozialen Gefüges. Ich war Klassenvorständin einer 6. Klasse mit nur 18 Schüler*innen. Meine KV-Tätigkeit nahm deutlich mehr Platz ein als sonst, denn ich versuchte mit allen in Kontakt zu sein und den Überblick zu bewahren, wie es ihnen geht und was sie schulisch so machen. Dies passierte entweder via Mail oder ich kommunizierte mit kleineren Gruppen via Zoom. Es war bald ersichtlich, dass es einer gewissen Koordination der diversen Aufgaben bedurfte. Also habe ich eine Whats-App-Gruppe mit den Lehrer*innen meiner Klasse erstellt, diese gebeten, mir ihre Aufgaben, ihre Abgabetermine und ihre „Problemfälle“ zu kommunizieren. Dann habe ich versucht, alles besser zu koordinieren und schließlich die Eltern und die Klasse informiert.

Mit den Eltern der Kinder, die bis zu den Osterferien noch nicht viel abgegeben hatten (das waren 6 von 18), kommunizierte ich dann nochmals extra.  Hier spielten sich teilweise mittlere Dramen ab, weil auch in vielen Familien die Nerven blank lagen. Ich kann mir nur ungefähr vorstellen, was Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen an anderen schwierigeren Schulstandorten durchgemacht haben, denn an meiner Schule haben die meisten Kinder familiäre Unterstützung und wenig finanzielle Sorgen.

Grundsätzlich fehlte überall eine Struktur. Aber wie soll die vorhanden sein, wenn vorher kaum etwas digital erarbeitet wurde und wir nur so eine kurze Zeit der Vorbereitung hatten? Ich versuchte an allen „Fronten“ zu beruhigen und den Druck rauszunehmen. Meiner Meinung nach brauchten wir alle Zeit, um mit dieser neuen Situation umgehen zu können. Von Schüler*innen und Eltern bekam ich des Öfteren die Rückmeldung, dass die sogenannten „Nebenfächer“ problematischer seien als die Schularbeitsfächer. Hier würde es teilweise sehr lange und umfassende schriftliche Arbeitsaufträge geben, die nicht der Wochenstundenanzahl und dem sonstigen Arbeitsaufwand entsprachen.

An der Uni war es auch nicht viel besser. Man hat anfangs den Studierenden viele Lese- und Schreibaufgaben gegeben. Das fiel aber dann auf die Lehrenden zurück, weil man sich das alles durchlesen musste und auch Feedback geben sollte. Die Online-Meetings mit den Studierenden liefen ungefähr gleich ab wie mit den Schüler*innen: Viele hatten die Kamera aus und waren somit nicht wirklich dabei. Nur die Studierenden meines Praxisseminars, also der Begleitlehrveranstaltung für die Praxisphase im Masterstudium, haben den regen Austausch untereinander genützt. Dabei waren sie besonders Leidtragende dieser Krise, denn für sie bedeutete das E-Learning, dass sie auf ihre wichtige Unterrichtspraxis letztendlich zum größten Teil verzichten mussten. Auch sie kämpften alle mit Überforderung, schlechter Kommunikation an den Schulen und mit den diversen Formen des E-Learnings.

Ich persönlich habe auch noch nicht meinen perfekten E-Learning-Zugang gefunden. Ich versuchte eine Mischung aus schriftlichen Aufgaben und Online-Besprechungen zu machen. Auch Videos habe ich immer wieder gerne eingesetzt. Weiters war mir wichtig, dass die Schüler*innen und die Studierenden untereinander im Austausch blieben. Sicher ist, dass ich viel mehr korrigieren musste. Eines meiner wichtigsten Tools war vocaroo.com. Hier kann man sein Feedback mündlich draufsprechen und dann den Link mit der Aufnahme verschicken.

Alles in allem kam ich insgesamt zurecht, aber Spaß machte es mir nicht. Der Arbeitsaufwand war deutlich höher und eintöniger. Mir fehlte die direkte Kommunikation mit den Klassen, den Studierenden und den Kolleg*innen. Die Corona-Krise hat mir wieder einmal deutlich vor Augen geführt, dass ich grundsätzlich gerne in den Klassen stehe und kommuniziere. Aber die Arbeitsaufträge, die ich für das E-Learning erstellt habe, haben eine gewisse Struktur und ich kann sie ziemlich sicher auch wiederverwerten. Angesichts der derzeitigen besorgniserregenden Lage werde ich sie wahrscheinlich bald wieder benötigen.

Monika Erckert

 

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