Didactic news 12/2017

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Didaktik der Geschichte und Politische Bildung

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akutelle Literaturempfehlungen

Historische Sozialkunde

ÖGL

Didaktik am Donnerstag

In der letzten Veranstaltung 2017 sprachen in dem bereits bestens eingeführten und gut besuchten Format Didaktik am Donnerstag am 14. Dezember der Politikwissenschafter Univ. Prof. i.R. Emmerich Tálos und der Historiker Univ. Ass. Mag. Dr. Florian Wenninger zum Thema "Umkämpfte Geschichte - Ansatzpunkte zur Behandlung des Austrofaschismus als Thema des Geschichtsunterrichts."

Ausgehend von der These, dass nicht der Nationalsozialismus sondern der Austrofaschismus in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg innenpolitisch tabuisiert wurde und daher konsequenterweise in den Schulbüchern sowie noch viel mehr im zeitgeschichtlichen Unterricht die Epoche 1933 - 1938 eine untergeordnete Rolle spiele, stellte Emmerich Tálos den Austrofaschismus in das Zentrum seines Vortrags.

Bei der Klärung der diversen für das Regime verwendeten Begriffe legte er dar, dass Diktatur oder autoritärer Staat nur eine strukturelle Beschreibung der Form des Herrschaftssystems bedeuten, während Faschismus die Vielschichtigkeit des Phänomens mit der Erfassung von Form und Inhalt einbezieht. Gänzlich unzutreffend ist in diesem Sinn die Bezeichnung "Ständestaat", da damit nur das Selbstbild der herrschenden Eliten reproduziert und nicht die austrofaschistische Realität erfasst wird.

Ausgehend vom namensgebenden italienischen Faschismus lassen sich für unter diesem Begriff zusammengefasste Herrschaftssysteme eine Rei- he von Gemeinsamkeiten feststellen. Dazu gehören bei den Herrschaftsmethoden, das Führerprinzip, ein hier- archisches Entscheidungssystem,  die Instrumentalisierung der staatlichen Gewaltapparate zum  der Einsatz von Gewalt und Unterdrückung zur Ausschaltung politischer Gegner. Ebenso kennzeichnend ist die "Ideologie des Anti" mit der Ablehnung von Parlamentarismus, Marxismus,  der Ausschaltung des Klassenkampfs, wenngleich die kapitalistischen Eigentums-, Produktions- und Verteilungsbedingungen aufrecht bleiben. Ferner gehören dazu auch noch Rassismus und Maskulinismus (Betonung männlicher Überlegenheit, Verdrängung von Frauen am Arbeitsmarkt). Weitere typische Merkmale faschistischer Regime wären die Existenz einer Massenpartei (Einheitspartei), eine Massenbasis und die Mobilisierung der Bevölkerung. Schließlich gehört dazu das Ziel einer dauerhaften, weitreichenden politischen und gesellschaftlichen Umgestaltung  des Staates, inhaltlich orientiert an den Interessen der politischen und sozialen Trägergruppen.

Die Ideologie baut auf der Idee der Volksgemeinshaft, als ein Gegenbild zum Klassenkampf, auf. Die Wurzeln der berufs- ständischen Gliederung reichen in das 19. Jhdt zurück bzw. erfolgt die Berufung auf die Papstenzyklika "Quadragesimo Anno", doch wurden von den sieben Ständen nur der Beamtenstand und jener der Land- und Forstwirtschaft realisiert.

Neben den Gemeinsamkeiten, insbesondere mit Italien, betonte Prof. Talos aber auch die Unterschiede bzw. Spezifika des Austrofaschismus.

So gab es nur in Österreich mit der NSDAP einen Konkurrenzfaschismus, der vom Regime bekämpft, aber durch die Veränderung der außenpolitischen Situation, mit dem Wegfall der Schutzfunktion des faschistischen Italiens, ab 1936 durch "Integration" zum Wegbereiter des Endes des Regimes wurde.

Obwohl der Antisemitismus ein bedeutender Faktor war, spielte er im Unterschied zum Nationalsozialismus in Österreich, wie auch in Italien bis 1938, in der offiziellen Politik und der Gesetzgebung keine Rolle. Juden konnten Mitglied der VF sein und Funktionen übernehmen. 

Eine Besonderheit bildete die Dominanz der katholischen Kirche als wesentliche Stütze des Regimes, daher treten bei vielen Veranstaltungen geistliche Würdenträger auf.

Weitere Stützen waren die Vaterländische Front, Justiz, Polizei, Heer und Wehrverbände.

Florian Wenninger zeigte anhand einer Powerpointpräsentation mögliche Anknüpfungspunkte sowie Leitfragen im Lehrplan  für die Behandlung des Austrofaschismus auf. Dazu gehören die Längsschnitt-Themen:

  • Demokratieentwicklung vom 19. Jahrhundert bis zur parlamentarischen Republik 1918
  • Lösungsansätze zur Sozialen Frage
  • Religion - Aufklärung - Kulturkampf

Als Vertiefungsthemen schlägt Floran Wenninger vor:

  • Die Republik die keiner wollte?
  • Die Österreichische Nation
  • Soziopolitische Langzeitfolgen des Austrofaschismus

Die Powerpoint Präsentation steht Interessierten unter http://www.didactics.eu/index.php?id=2403 zur Verfügung. In Kürze kann auch der Mitschnitt des Vortrags abgerufen werden.

Die Ankündigung neuer Termine zu Didaktik am Donnerstag finden Sie auf der Seite des FDZ oder Sie melden sich für die Aussendungen an.

Ort: Seminarraum des Fachdidaktikzentrums Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung (1090 Wien, Berggasse 7)

Zeit: 16:00-18:00

Anmeldung: fdzgeschichte(at)univie.ac.at

 

Klaus Edel