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Schüler/innenwissen NS
Didactics
Schüler/innenwissen über den Nationalsozialismus
Studie
An der Pädagogischen Hochschule Wien läuft zurzeit ein Forschungsprojekt, das von Dr. Sabine Hofmann-Reiter und Dr. Philipp Mittnik geleitet wird. In dieser explorativen Studie wurden über 1.000 Schüler/innen im Alter von 15 Jahren in allen Schultypen der 9. Schulstufe befragt. Die Erhebung erfolgte mittels eines standardisierten, schriftlichen Fragebogens. Dieser umfasste vier Elemente: Neben sozioökonomischen Daten, wurden Wissensfragen zur NS-Geschichte gestellt und Ein- schätzungsfragen, wie Schüler/innen aus ihrer subjektiven Perspektive den Unterricht zu diesem Thema in Erinnerung haben. Der vierte Teil setzte sich in einem kleineren Ausmaß mit Fragen zu gegenwärtigen politischen Diskursen auseinander.
Die Auswertungen dieser Ergebnisse stehen noch am Anfang, jedoch lassen sich schon gewisse Trends bei einigen Fragestellungen ableiten. Geschlechts- spezifische, ethnische und/oder sprachliche Korrelationen, sind bisher ebenso wenig errechnet worden, wie spezifische Kohorten. In diesem frühen Stadium der Auswertung werden einige ausgewählte Ergebnisse von AHS- und BMS-Standorten zueinander in Vergleich gesetzt. Die BMS- Schüler/innen absolvierten die 4. Klasse zu 93% an einer Neuen Mittelschule (NMS). Die AHS-Schüler/innen absolvierten die 4. Klasse zu 97% ebenfalls an einer AHS.
Die Ergebnisse, die in dieser Studie erhoben wurden, werden mit zwei großen Studien in Relation gesetzt, die sich teilweise mit ähnlichen, aber auch deckungsgleichen Fragen auseinander- gesetzt haben. Dies ist einerseits die Studie von Kühberger & Neureiter mit ihrer Untersuchung an Salzburger NMS Standorten und die sehr große Studie aus England von Foster & Pettigrew und anderen.
Nur etwa 50% der Schüler/innen die eine AHS besucht haben, konnten die korrekten Jahreszahlen der NS-Herrschaft in Österreich nennen. Ein deutlicher Hinweis, bei den Ergebnissen der BMS für eine hohe Rateoption, ist der signifikant höhere Anteil an Beantwortungen im Bereich 1914-1918 (Abb. 1). Bei Kühberger & Neureiter beantworteten diese Frage 58,3% richtig. An dieser Stelle ist wichtig anzuführen, dass in fast allen Bereichen mit offenen Fragestellungen gearbeitet wurde, im Unterschied zu den beiden Vergleichsstudien, die bei den meisten Fragen eine Multiple Choice Option angeboten hatten.
Bei einer weiteren Frage, sollten Schüler/innen mit einer Kurzbeschreibung anführen können, was unter dem Novemberpogrom verstanden wird. Nachdem viele Schulbücher nach wie vor den Begriff „Reichskristallnacht“ verwenden, wurde dieser auch angeführt. Wie sie sehen können, ist bei jenen Schüler/innen, die
eine NMS besucht haben, dies nahezu unbekannt. 93% der Befragten konnten nicht angeben, was darunter verstanden wird. Bei AHS-SchülerInnen sind es immer noch drei Viertel, die mit diesem, für die österreichische Geschichte, doch sehr zentralem Ereignis, nichts anfangen können (Abb. 2). Bei Kühberger & Neureiter konnten auch nur in etwa 36% eine richtige Beschreibung liefern. Daraus kann zumindest teilweise abgelesen werden, dass dieses Pogrom keinen hohen Stellenwert in der österreichischen Schulgeschichte haben dürfte oder zumindest durch die subjektive Wahrnehmung der Schüler/innen nicht als wichtig erkannt wurde.
Als drittes und letztes Ergebnis, soll in dieser kurzen Zusammenschau noch präsentiert werden, ob Schüler/innen einschätzen können, wie viele europäische Jüdinnen und Juden zur Zeit der Nationalsozialismus ermordet wurden. Wie an der Grafik (Abb. 3) zu erkennen ist, liegen die Ergebnisse der Schüler/innen der BMS nur knapp über der Ratewahrscheinlichkeit. Besonders bemerkenswert ist auch der Anteil von 23%, die denken, dass unter 1 Million Jüdinnen und Juden ermordet wurden. Aber auch im Bereich der AHS liegt nur etwa die Hälfte der Schüler/nnen mit ihren Antworten richtig. (Abb.4) Bei Foster & Pettigrew et al. waren es 53,5% der SchülerInnen, die wussten, dass etwa 6 Millionen Jüdinnen und Juden ermordet wurden.
Die Studienergebnisse sollten gegen Mitte 2019 in finaler Form vorliegen, insgesamt werden etwas über 40 Fragestellungen bearbeitet. Die Ergebnisse sollen für die Lehrer/innenfortbildung und –ausbil- dung genutzt werden, damit zukünftige Schüler/innen einen vielleicht etwas höheren Anteil an Wissen in diesem zentralen Bereich haben. Zusätzlich werden die Ergebnisse auch in verschiedenen Formen publiziert werden.